"Schölch weiß um die Gefahren, welche die Inszenierung eines so gefühlsbeladenen Klassikers birgt. Fast jede Szene ist Allgemeingut, jeder Regung haftet die Banalität des Abgegriffenen an. Doch statt dies zu umgehen, packt er den Stier bei den Hörnern, bricht die Handlung mit Hinweisen aufs Klischee und schafft es so, die anrührende Liebesgeschichte freizulegen, die Goethes Roman im Grunde ist." (Münchner Merkur, 21.10.96)
"Es ist eine große Linie: 'Hamlet', 'Caligula', 'Werther'. Weil alle drei an ihrer Dünnhäutigkeit scheitern. Das ist für mich ein wichtiges Thema. In einer Gesellschaft, wo Funktionieren großgeschrieben wird, können die nicht zurechtkommen. Werther ist ein Mensch, der seinen Charakterpanzer nicht genug gefestigt hat. Er muss scheitern. Wenn er sich die Pistole an die Schläfe setzt, dann ist der Selbstmord für ihn der einzige Weg in die Freiheit. Leben bedeutet Risiken eingehen und Entscheidungen zu provozieren. Das schafft er nicht. Er braucht die Extreme von Leidensdruck und Euphorie." (Abendzeitung, Jochen Schölch, 18.10.96)
„Es geht um mehr als um eine unglückliche Liebe. [...]: Da ist auf der einen Seite eine saturierte Gesellschaftsklasse, die sich in ihrem Gefängnis aus Wohlstand und ‘guten Sitten‘ recht behaglich eingerichtet hat. Fremde, wie Ferdinand einer ist, und ihre aufmüpfigen Ideen sind eher weniger willkommen. Er merkt aber schnell, dass dieser Lebensentwurf keine Zukunft hat. Er schließt sich selbst aus, wird zum Eigenbrötler und Einzelgänger. Wird als Spinner abgetan und entscheidet sich letztendlich für den persönlichen Kollateralschaden. Ein Schelm, wer da nicht an heutige Verhältnisse denkt.“ (Süddeutsche Zeitung, 27.11.15)