Marie wacht nach einer Notoperation im Vollzugskrankenhaus auf. Erinnerungsfetzen flirren durch ihren Kopf. Sie versucht die Puzzleteile zusammen zu setzen. Warum ist sie hier? Gleichzeitig sagt auf der Polizeistation Laura als Zeugin aus. Was hat sie über ihre Nachbarin Marie gewusst, die ihr neugeborenes Kind vom Balkon geworfen hat und kurz darauf selbst hinunter gesprungen ist? Beim Versuch der beiden jungen Frauen zu verstehen was passiert ist, lösen sich Erklärungsmuster und Wertkategorien auf.
Die Verarbeitung der Ereignisse geschieht parallel aus zwei verschiedenen Perspektiven. Dabei verkörpert Laura die Sichtweise der Gesellschaft, kommt aber zunehmend in Bedrängnis. Denn wie viel Schuld trifft jeden Einzelnen? Hätte man mit etwas weniger Egoismus und ein bisschen mehr Nächstenliebe der Nachbarin helfen und alles verhindern können? Aber auch Maries ganz eigene Art der Darstellung zwingt dazu, vorschnelle Urteile zu überdenken.
Wie weit kann die Angst vor Verlust, vor dem Leben und die Verzweiflung über die menschliche Schwäche und Machtlosigkeit einen Menschen treiben? Und welche Rolle spielen die unsichtbaren Gesetzeshüter dabei?
„Es ist ein psychologisches Stück, dass das Thema Verantwortlichkeit den unmittelbar nächsten gegenüber behandelt und die Kategorien von Täterin und Zeugin in einer verzahnten Handlungskonstruktion sozusagen aufzulösen scheint. An dem Stück hat uns die Tiefgründigkeit der psychologischen Durchleuchtung von Themen wie Traumatisierung, Kindsmord, -misshandlung und ihrer Protagonistinnen fasziniert, sowie seine stringent verdichtete Dramatisierung. Das Stück hat uns sowohl vom Stilistischen, als auch vom Inhalt her am stärksten überzeugt.“ (Jurybegründung Frauen-Literatur-Preis)