Nach Schwaben, Kinder!

Von Klaus Hemmerle / Christian Schönfelder

2 D
3 H
Ab 11 Jahren

"Weil im 19. Jahrhundert den kargen Almen der Alpentäler nicht genug Ertrag abzuringen war, um die ganze Familie zu ernähren, mussten Jahr für Jahr 5000 bis 6000 Bergbauernkindern mit Beginn der Schneeschmelze hinab ins Alpenvorland, nach Schwaben. Dort wurden die 6- bis 15-jährigen Jungen und Mädchen auf Kindermärkten vermittelt und mussten den Sommer über als Hirtenkinder, Mägde und Knechte arbeiten.
Das mit dem JES-Ensemble aus Original-Material und Improvisationen entwickelte Stück begleitet den Weg von fünf Kindern aus Ischgl im Paznauntal, heute ein Ski-Paradies, im Jahr 1882: bei bitterer Kälte, in dürftiger Kleidung und zum Teil in schlechter körperlicher Verfassung, über den verschneiten Arlbergpass hinab ins reiche Oberschwaben. In der für sie völlig fremden Welt waren sie auf sich allein gestellt, konfrontiert mit Menschen, von deren Wohlwollen sie abhängig waren, deren Dialekt und Gebräuche sie jedoch oft kaum verstanden. Wie es den Tiroler Kindern in der Fremde erging, war Glückssache: Die einen genossen Familienanschluss, knüpften Banden für ein ganzes Leben und fanden vielleicht gar den Ausweg aus der heimatlichen Armut. Andere wurden behandelt wie Leibeigene, geschlagen, angeschrien und mit magerer Kost abgespeist. Und gar nicht wenige verloren ihre Leben oder verschwanden irgendwann spurlos". (Junges Ensemble Stuttgart)

"Lustvoll, dramatisch und mit viel Sensibilität ist dieses Theaterstück für Kinder ab 11 Jahren erzählt. Ein großes Spiel über Tod und Leben." (SWR 2, 14.06.10)

"Der offene Rollenwechsel […] schafft wohltuende Transparenz. Mit Hüten, Bärten und Bäuchen verwandeln sich die Spieler vom Kind zum Lehrer, zur Mutter oder zum Wirt. Das hat viel komische Anklänge, wodurch dem Bedrückenden die Spitze genommen wird. […] 'Nach Schwaben, Kinder!': ein kleines sinnliches Theaterwunder über ein dunkles Geschichtskapitel." (Esslinger Zeitung, 18.06.10)

"Eine ganz ungewöhnliche, intensive Produktion, die nicht nur Regionalgeschichte nachzeichnet, sondern indirekt viel über die Gegenwart erzählt. […] Man sieht, wie die Kinder in Schwaben Freunde finden oder aber verzweifeln – doch das größere Thema schwingt in diesem Kapitel der Historie mit: Wie gehen wir mit Fremden um, die Hilfe suchen, anders sind, nicht ins System passen?" (Stuttgarter Zeitung, 14.06.10)

Für das Stück wurden zwei Kunst-Dialekte entwickelt, die die Unterschiedlichkeit der Oberschwäbischen und Tiroler Mentalität unterstreichen sollen. Zur besseren Lesbarkeit liegt die Stückfassung zwei- bzw. dreisprachig vor, mit einer hochdeutschen Übersetzung der Dialekte. Darüber hinaus gibt es eine dialektal "entschärfte" Version.

UA am 12.06.2010