In dem Stück ‘Pferde am Fenster‘ werden nacheinander drei Lebensgeschichten von Menschen erzählt, die alle in irgendeiner Form in den Krieg involviert sind. Die drei Szenen werden durch wiederkehrende Motive – der Bote, die Pferde (am Fenster) sowie die Stiefel – miteinander verknüpft und zeichnen das Bild von Figuren, deren Leben durch den Krieg unwiederbringlich verändert worden ist.
Dreimal überbringt ein Bote Schicksalsnachrichten aus dem Krieg: Eine Mutter erfährt, dass ihr Sohn nicht auf dem Schlachtfeld sondern durch den Hufschlag eines Pferdes ums Leben gekommen ist. Ein Vater kehrt zwar als einziger Überlebender zurück, wird aber auf dem Heimweg in seiner Einsamkeit verrückt. Ein treuer Soldat stolpert und wird von seiner eigenen Armee zertrampelt.
Dieses groteske Porträt des Krieges schrieb Visniec kurz bevor er nach Frankreich emigrierte. Aufgrund seiner thematischen Brisanz wurde das Stück damals in Rumänien sofort verboten.
„Die Figuren sind Spielzeuge zum Aufziehen und keine Menschen. Der Sohn stirbt zu Friedenszeiten ‘in Ausübung seiner Pflicht‘, in einer grotesken Manier – die Hand des Schicksals; diese Figur hat einen einzigen Moment, in dem sie den Mut aufbringt, ihr Schicksal zu bekämpfen und ‘mit dem Pferd‘ zu reden. Das Pferd/ das Schicksal tritt den Sohn, der daraufhin stirbt; der Vater ist ein Entfremdeter, der unterwegs vom Schlachtfeld nach Hause vor Einsamkeit verrückt wird – und das genau zu dem Zeitpunkt, als die Schlacht vorbei ist und er als einziger Überlebender zum Helden wird – die Hand des Schicksals. Der Kämpfer (der Ehegatte) lebt immer mitten im Kampf, mitten auf dem Schlachtfeld, aber vor lauter Eifer schafft er es nicht, tatsächlich daran teilzunehmen. Das Pferd/ das Schicksal wird gleich eines zweiten Schlages bezichtigt. Diesmal ist aber nicht mehr die Hand des Schicksals im Spiel, sondern der kollektive ‘Fuß‘ der Armee. Das Schicksal vergisst ihn und die Figur wird zertrampelt, sein Grab wird tragikomisch durch die aufgestapelten Stiefel des ganzen Zuges rekonstruiert.“ (Aurora Magazin, 01.12.08)