"'Lasst die Kinder friedlich schlafen, lasst süß sie träumen ein besseres Morgen, Papa und Mama werden dafür sorgen', beginnt ein sanfter Chor die wohlbekannte Geschichte von Hänsel und Gretel. 'Aber da wohnt gar keine Mama in diesem Haus/ Da wohnt Papas neue Frau!', stört plötzlich die singende Erzählerin den scheinbaren Frieden. Und schon entfaltet sich das klassische Märchen, das wie kaum ein anderes aus der Grimmschen Sammlung die Urängste heranwachsender Menschen thematisiert, von den Eltern oder anderen Bezugspersonen verlassen zu werden und auf sich allein gestellt, eigenverantwortlich den Weg ins Leben antreten zu müssen. Diese Ängste nehmen bildhaft Gestalt an in der Figur einer bösen Hexe, die die Kinder braten und fressen will. Sie muss listenreich überwunden und verbrannt werden, wie alle Ängste, die unsere Entwicklung begleiten und hemmen. [...]
Die neue und humorvolle Fassung des bekannten Märchens lotet dessen tiefenpsychologische Bedeutung aus, ohne sie oberflächlich zu illustrieren. Zwei Schauspieler und eine Sängerin übernehmen in fliegendem Wechsel die Rollen von egoistischen Eltern und ohnmächtigen Kindern, von freundlicher Erzählerin und grausamer Hexe, von selbstverantwortlich handelnden Jugendlichen und im Alter belohnten Rentnern. So entsteht ein humorvolles Vexierspiel, das nur zu deutlich macht, wie Menschen im Laufe ihres Lebens dasselbe aus unterschiedlichen Perspektiven wahrnehmen und verstehen lernen und dass oft nur ein winziger Schritt das Wahre vom Falschen trennt. Gerard Beljon hat dazu eine Musik komponiert, die aus einer produktiven Reibung zwischen wohllautenden Harmonien und abstrakten Klängen eine emotionsgeladene und mitreißende Atmosphäre erschafft." (schnawwl, Mannheim)
"'Hans und Gretchen' ist kein sentimentales Hausmärchen mit Musik, sondern ein neues Musiktheater mit starken Gefühlen und sarkastischem Humor. Das Zusammenspiel von Text und Musik, von zwei Schauspielern, einer Sängerin und drei Musikern ist vollendet; die Balance zwischen den Wundern des Märchentopos, einer stimmigen Psychologie und satirischer Übertreibung hat Charme." (Rheinpfalz, 12.04.05)