Kleists Paradox, dass Kohlhaas die Ordnung der Welt – oder zumindest des Rechts – wiederherstellen will, dass er also im Namen der Ordnung alle Ordnung zerstört, war für den Theatermacher Marco Baliani eine radikale Herausforderung. Mit archaischer Wucht erzählt die Bühnenfassung vom selbstbewussten, betrogenen Pferdehändler Michael Kohlhaas, der für sein Recht und gegen die Obrigkeit ins Feld zieht, dafür grausam bezahlt und selbst grausam wird. Kohlhaas ist ein Rebell wider Willen, wenn auch aus innerer Überzeugung. Er ist liebevoller Vater und leidenschaftlicher Ehemann, der seine geliebte Frau an die brutalen Schläger seines Lehnsherren verliert. Sein Aufstand richtet sich gegen einen korrupten, sich bereichernden Adel und dessen Justiz.
Eine leere Bühne, einzelne Scheinwerfer, ein Stuhl und die Sprache: Eine großartige Herausforderung für einen Schauspieler, eine Stunde lang das Publikum mit dieser Geschichte von Ungerechtigkeit, Gewalt und Rache zu fesseln und an jene Zeit zu erinnern, als Begebenheiten noch mündlich weitergegeben wurden.
„Baliani und Rostagno haben Kleists höchst komplexe und vielschichtige Handlung auf einfache Grundlinien zurückgeführt, eine Prise Märchenmotive und einen Schuss Sozialrevolutionärs-Romantik hineingemixt, das Ganze durch ein paar bildhaft starke Leitmotive verklammert und mit Dialogen und Selbstgesprächen des Helden angereichert.” (Schwäbische Zeitung, 20.11.01)
„Wie lässt sich nach der Vorlage der komplexen und sprachlich komplizierten klassischen Novelle ’Michael Kohlhaas’ von Heinrich Kleist ein Theaterstück schreiben, das heutzutage auf eine Bühne passt? Dem italienischen Autorengespann gelang das mit ihrem ’Kohlhaas’, einem ’Solo für zwei Männer’, und zwar einem Schauspieler und einem Schlagzeuger. [...] Im Mittelpunkt des Geschehens steht der psychologische Hintergrund von Kohlhaas’ Handlungen, der nicht zu bändigende Trieb der handelnden Hauptfigur, erlittenes Unrecht selber auszugleichen und dadurch neue Willkür und neues Unrecht zu schaffen – ein aktuelles Thema, für das sich täglich Beispiele finden lassen.“ (Lübeckische Blätter, 08.10.04)
„Wechsel von humorig-leichten Szenen hin zu Momenten, die tiefe Betroffenheit auslösen und die wirklich großen Fragen nach dem Wesen der Gerechtigkeit und der selbstzerstörerischen Natur des Menschen stellen.“ (Kieler Nachrichten 10.10.04)