Nathans Tod in Jerusalem

Von Ali Jalaly

nach dem Roman „Rückkehr nach Haifa“ von Ghassan Kanafani (Deutsche Übersetzung: Hartmut Fähndrich)
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Nach dem Zweiten Weltkrieg emigriert ein jüdisches Ehepaar nach Israel, in der Hoffnung, Frieden zu finden. Sie bekommen ein Haus mitsamt einem Säugling zugeteilt. Das arabische Ehepaar, die Eltern des Säuglings, wurden aus ihrem Haus und ihrem Leben vertrieben, ihnen wurde alles genommen. Der Grundstein des Konflikts ist gelegt.
20 Jahre später kehrt das arabische Paar zurück nach Haifa, um noch einmal das Haus zu sehen, in dem sie gelebt haben, um zu sehen, ob ihr Sohn noch am Leben ist. Es kommt zum Zusammentreffen mit der jüdischen Frau (der Mann ist im Krieg zwischen Arabern und Israelis ums Leben gekommen) und dem Sohn, der inzwischen überzeugter Jude ist und in der israelischen Armee gegen die Araber (unter ihnen sein leiblicher Bruder) kämpft.
Jalalys Konzept, den Nahost-Konflikt anhand zweier Einzelschicksale verständlich zu machen, geht auf: Er zeigt zwei Volksgruppen, die viel Leid ertragen mussten und sich beide im Recht sehen, endlich in Frieden zu leben. Das allein wäre nichts Neues, aber die direkte Konfrontation und das Parallelsetzen der Argumente (die sich in manchen Punkten sehr ähneln) eröffnen eine neue, andere Wahrnehmung als die tagesaktuellen Nachrichten. Die Gefahr, sentimental zu werden, umgeht Jalaly, indem er zwischen das Damals und das Wiedersehen eine absurde Episode in einer "heiligen Irrenanstalt" stellt, in der zwischen Meditationen und der Einnahme von Antidepressiva gegen alle Schrecklichkeiten des Lebens viel erzählt wird über das Leben in Israel und den besetzten Gebieten, über die Unsinnigkeit des Hasses und des Mordens. Es gelingt Jalaly, einen skurrilen, ja sogar komischen Zug in das ernste Thema zu bringen, ohne es dadurch zu verharmlosen.

"Wie meist, wenn Jalaly brisante politische Themen anpackt, macht er dies mit mutigem Pathos und direkten, dem Realismus verpflichteten Bildern. Das aus Polen geflüchtete jüdische Ehepaar nimmt die Traumata der Schoah in ein Land mit, in dem die Palästinenser neue, andere Traumata erleben. [...] Diese Inszenierung zeigt, was politisches Theater leisten kann. Denn was die Medien nur mit informativer Distanz vermitteln, ist hier, an menschlichen Schicksalen, nahe liegend und nahe gehend in Szene gesetzt. Ein Geheimtipp." (Kölner Stadt-Anzeiger, 27.09.05)

UA am 24.09.2005